Waffen und Ausrüstung in den Sachsenkriegen

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was lt. Seitenbetreiber einem sächsischen Bauern gehört haben soll!?! Zumindest sieht es Sächsisch aus, den Stand des Träger lassen wir mal dahingestellt sein.
Ist ein beliebter Fehler, vom "klassischen" (Hoch- / Spät-)Mittelalter ausgehend, den Bauern im Frühmittelalter als niederen Stand zu klassifizieren. Das Ständesystem war, wenn überhaupt, zu dieser Zeit im Allgemeinen und bei den Sachsen im Besonderen nur schwach ausgeprägt, nicht zuletzt weil es weder ein hierarchisch organisiertes weltliches oder (Sachsen ohnehin nicht) geistliches Adelssystem gab. Die "Stände", wenn wir von solchen reden wollen, waren eher vom Einfluss und der Knete des Betreffenden abhängig. Und auch Bauer ist nicht gleich Bauer. Es gab Bauern mit ein paar qm Land, die sich selbst mehr schlecht als recht durchbrachten und Bauern, die hatten riesige Ländereien, die sie gar nicht mehr allein bestellen konnten und zahlreiche Knechte oder gar Pächter hatten. Insofern kann also ein reicher Bauer ohne Probleme Schwert, Pferd Rüstung besitzen. Er ist wegen der Organisation des Kriegswesens (zumindest bei den Franken und Langobarden, bei den Sachsen kenn ich mich nicht ganz so gut aus) sogar dazu verpflichtet. Laut den Statuten ist die Waffenausrüstung nur vom Landbesitz abhängig. Ich ernte auch immer wieder fragende Blicke, wenn ich mich auf Waffen- und Modenschauen in voller Montur als "Bauer" vorstelle, aber den Spaß kann ich mir einfach nicht verkneifen... Zum Schwert: Das ist eine klassische Spathaform des frühen Mittelalters, ich würde so auf spätes 7. bis 8. Jahrhundert tippen, wenn aus den Randgebieten, dann u.U. auch etwas später. Eine typisch sächsische Form kann ich nicht erkennen, schlicht weil es eine "typisch sächsische" Spathaform nicht gibt.
 
Naja, Panzerreiter, mit der Behauptung, es gab keine Bauern hast Du natrlich irgendwo recht. Waren doch alle thingfähigen Bauern. Ansonsten ist die sächsische Gesellschaft sehr stark ständisch orientiert. Ein verarmter Hochadliger ist immer noch mehr als ein stinkreicher Freigelassener. Ich habe denn mal "Bauer" mit "Frijling" gleichgesetzt. So das Teil eine Grabbeigabe war, in einem sonst eher ärmlichen Grab, würde ich es eher als "fränkisch" und dann als "Beute" ansprechen. Möglich auch, das irgendwem dem Verstorbenen dieses Teil als "Ehrengabe" mitgab, damit er vor seinen Ahnen eben nicht so "powerig" auftreten muß. Da aber die restlichen Umstände,-Grabinhalt, Lage, Verletzungen-, nicht bekannt sind, ist es müßig, darüber zu spekulieren. Auch die Zusammensetzung der Klinge ist ja nicht bekannt. Die würde ich als "sächsisch" ansprechen, wenn sie aus hochwertigem, partiellgehärtetem Stahl wäre. Das wäre dann sächsische Arbeit, da Klingen , in denen man noch die Lagen sehen kann, als Schrott galten. Die fehlende Kehle und die plane Fläche in der Mitte lassen das allerdings vermuten. Aber da muß man die ganze Klinge sehen
 
@Panzerreiter Die Lochungen im Griff sind mir bisher nur bei Sächsichen Schwertern aufgefallen. Die wenigen fränkischen Schwerter die ich kenne, sahen anders aus, deshalb nahm ich eine Sächsische Eigenheit an... Aber Franken sind dein Fachgebiet also glaub ich es mal. Generell würde ich das Schwert aber fast 100 Jahre später ansiedeln. Aber ich guck nochmal, ob ich ne Datierung finde!
 
Hmm, auf der Seite steht: "Schwert eines sächsischen Bauern aus der Zeit der Sachsenkriege im 7. Jh."
 
"Schwert eines sächsischen Bauern aus der Zeit der Sachsenkriege im 7. Jh."
Der Sachsenkrieg begann erst 772. Also erst in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts.
 
Deshalb mein "Hm"... Bringt uns bei der Datierung halt nicht wirklich weiter.
 
Also an der Quelle forschen: Quelle: LWL-Museum für Archäologie / Mark Tewissen
 
Ja, oder an einen Tippfehler glauben und weiter vom 8./9. Jhd. ausgehen bis jemand das Gegenteil beweist ;)
 
"Schwert eines sächsischen Bauern aus der Zeit der Sachsenkriege im 7. Jh."
Das wage ich zu bezweifeln, denn für 7. Jahrhundert ist das Schwert viel zu modern, zumal ich ja sagte, dass in den Randgebieten (des fränkischen Reiches), also eben auch SAchsen, die Formen zeitlich leicht hinterherhinken. Im Frankenkernland würde ich das Schwert gerade noch für frühes 8. Jahrhundert durchgehen lassen, aber keinesfalls in Sachsen. Daselbst tippe ich eben auch eher auf spätes 8./9. Jahrhundert. Wobei wie Wilfried schon angemerkt hat, der Hinweis angebracht ist, dass viele in Sachsen gefundenen Schwerter auf irgendwelchen Wegen aus Franken kamen. Das mit den Lochungen ist durchaus ein Argument. Allerdings habe ich bei den fränkischen Schwertern dieser Epoche, Mach- und Stilart dermaßen viele unterschiedliche Dekorationen gesehen, dass die Lochung für mich erst mal nur eine weitere Verzierungstechnik neben vielen anderen darstellt. Was allerdings auffällt, ist der Umstand, dass die Lochungen dermaßen ungleichmäßig, fast schon schlampig, angebracht sind, dass ich den Verdacht hege, sie könnten von einem handwerklich zwar nicht gerade dilletantisch, aber doch zumindest nicht übermäßig begabten Menschen nachträglich gebohrt worden sein. Was für die These eines erbeuteten Frankenschwertes sprechen würde, welches von einem Sachsen umdekoriert worden sein könnte. Was die Ständegeschichte betrifft: Wie gesagt, bei den Sachsen bin ich nicht so firm, aber bei den Franken gibt es zwar durchaus einen Hochadel (welcher, vereinfacht ausgedrückt, aus den vom Frankenreich assimilierten Völkern und deren Königen hervorgegangen ist, jetzt als Herzöge unter dem fränkischen König), aber es gab mehr oder weniger noch keinen "mittleren" Adel, wie etwa Grafen etcetera. Diese wurden erst im Laufe der Entwicklung des Reiches mehr oder weniger als Beamte / Verwalter sozusagen "erfunden" und eingesetzt. Das waren aber eben eher königliche Beamte, kein Blutadel, dazu wurden sie erst später. Vom Hochadel und dem anderen Extremende der Bevölkerungsschichten, den Sklaven / Unfreien, mal abgesehen, gab es aber dazwischen eben keinen expliziten Stand. Entweder man war frei oder nicht. Und nachdem die signifikante Merhzahl der Freien dem Beruf des Bauern nachging, ist es eben für diese Zeit nicht zulässig, den Begriff "Bauer" irgendeinem "Stand" gleichzusetzen, schon gar nicht einem automatisch "niederen Stand".
 
Ich habe mir das Bild nochmal angesehen, also "handwerklich nicht so geschickt" wrde ich nicht sagen, denn scheinbar wurde in Stahl gebohrt. Und wer schon mal versucht hat, in eine gebogene Fläche in Stahl Bohrungen genau da hinzusetzen, wo er sie hinhaben will ..... Bei der großen Zahl von Bohrungen verrutscht dann schon mal die eine oder andere. Und dann das ganze von Hand mit der Drille, da machste nicht das ganze Teil neu, wenn die ersten 2 Reihen sitzen und dann verrutscht ne Bohrung. Außerdem sieht man ja die Bohrungen nicht auf der Oberfläche, sondern 2-3 mm tiefer als im Originalzustand. Den Rest fraß der Rost
 
Nein, das ist kein Vergleich mit vielen anderen Spathas, die ich kenne, die weitaus sauberer gearbeitet sind. Natürlich nicht so exakt wie mit modernen CAD-Fräsen, aber trotz der beschriebenen Schwierigkeiten bezüglich Stahlbearbeitung per Hand beeindruckend präzise. Und das noch nicht mal mit lumpigen Löchern, sondern mit Tauschierungen. Die konnten im Gegensatz zu uns mit ihren Drillen umgehen, da ist das Teil hier im Vergleich eher krude. Außerdem stimmt ja hier noch nicht mal die Anzahl und Anordnung der Löcher, selbst wenn ich berücksichtige, dass da durch die Korossion Materialverluste sind. Verrutschen ist eine Sache, komplette Löcher vergessen eine andere. Oder er hat die Löcher dermaßen unterschiedlich tief gebohrt (so dass einige durch die Korossion möglicherweise völlig spurlos abgetragen worden sind), dass ich mir wieder über die Sorgfalt Gedanken mache. Es gab Handwerker, die hatten's drauf und es gab Handwerker, die hatten's nicht drauf. Und wenn Du mich fragst: Der hier hatte es schlicht nicht so drauf. ;)
 
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Hast Du eventuell noch einige Daten zu den abgebildeten Schwertern? Fundort, Fundumstände, Datierungen, heutiger Aufbewahrungsort...? Und - saublöde Frage, ich weiß - bist Du sicher, dass das mittlere Schwert ein weiteres ist und nicht vielleicht nur das schon bekannte, nur von der anderen Seite?
 
Als Datierung war auch hier "Sachsenkriege" angegeben. Die Frage ist nicht blöd! Zumindest habe ich sie mir auch gestellt ;) Es könnte wirklich einfach die Rückseite sein. ?( Zu finden sind die Schwerter wohl hier: http://www.lwl-landesmuseum-herne.de/
 
Als Datierung war auch hier "Sachsenkriege" angegeben.
Nuja, das hatte ich befürchtet. Aber genauer wäre wohl ein allzu unbescheidener Wunsch. Auf die frühe Karolingerzeit hätte ich sie sowieso geschätzt: 1. Ich sehe zwar die Klingen nicht, aber vom Gefäß her sind es eindeutig noch Spathas. 2. Die durchgehende, massive, eiserne Parierstange ist typisch karolingerzeitlich. Daraus folgt für mich herzhaften Laien: Karolinger, aber nicht allzu spät, also Mitte 8. bis Mitte 9. Jahrhundert. Ich tippe beim mittleren Schwert arg darauf, dass wir das schon hatten. Speziell die Konturenreliefs durch Korossion am Griff stimmen gut überein. Das wäre schon arger Zufall.
 
Die Abbildung der drei Schwerter stammt aus dem "799 – Kunst und Kultur der Karolingerzeit". Übrigens ein Katalog, dem ich jeden Franken/Sachsen-Darsteller ans Herz legen möchte. Speziell, da es hier in Westfalen eh keine harte Trennung zwischen Sachsen und Franken gegeben hat, bzw. diese nicht aus Funden ersichtlich ist. Das linke Schwert stammt aus Lembeck (Kr. Recklinghausen) und wird auf das späte 8. Jhdt. datiert. Das mittlere und rechte Schwert - meinetwegen auch Spatha - stammt aus Lankern (Kr. Borken), das mittlere auf Ende 8. Jhdt., das rechte auf zweite Hälfte 8. Jhdt. datiert. Alle sind in Münster im Westfälischen Museum für Archäologie aufbewahrt, die Längen sind zwischen 85 cm Restlänge (links) und ca. 93 cm Gesamtlänge bei den beiden rechten Schwertern. Alle drei sind Grabfunde. Hoffe, das konnte weiterhelfen. Thorsten
 
Die Abbildung der drei Schwerter stammt aus dem "799 – Kunst und Kultur der Karolingerzeit".
Hmm, den hab ich doch sogar...
Übrigens ein Katalog, dem ich jeden Franken/Sachsen-Darsteller ans Herz legen möchte.
...aus genau diesem Grunde. Ich kann die ganzen Kataloge und Bücher gar nicht alle auswendig kennen, aber das ist bei mir frühsenilem Junggreis auch nicht weiter verwunderlich. Aber glücklicherweise sind hier ja noch Leute mit besserem Gedächtnis unterwegs. Dank Dir, Thorsten.
 

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