Schlauchschleier und Wimpel aus Wollmusselin - geht das überhaupt so?

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Absolut spannend, stimmt! Ja, genau wie du schon schreibst, es ist furchtbar schwierig die Grundform der abgebildeten Kopfbedeckung genau zu bestimmen. Und man kann mit einer Grundform (relativ langes, rechteckiges Tuch) auch ganz unterschiedliche Kopfbedeckungen machen. Je nachdem wie esgebunden, gelegt und/oder gesteckt wird .... Das Ausgangstuch ist immer das gleiche. Auch ist es ganz schwierig von Bildern auf das Material selbst zu schliessen. Auch hier ist es nach eigener Erfahrung kaum bis nicht möglich DAS verwendete Material zu bestimmen, was verwendet wurde ... Ich habe sehr viele Tücher / Tücherformen, die sich letztlich alle fast gleich verhalten und im Endergebnis auch fast gleich aussehen wenn die einmal gebunden sind.
 
Schriftquellen: Da wissen wir von Wollenen Kopfbedeckungen im Klerikalen Bereich. Für die Laiin hat zumindest so spontan niemand eine Quelle.
Ich korrigiere: wollene Kopfbedeckungen im klerikalen Bereich sind eher selten. Habe Schriftquellen aus dem 12. Jh., in denen von schwarzen Schleiern aus Leinen gesprochen wird. (Petrus Abelardus an Heloise, Ende 12. Jh.) Nachzulesen im Zimmermann, Gerd, Ordensleben und Lebensstandard. Seite weiß ich jetzt nicht.
 
Auch die Schlauchschleier unter den schwarzen Schleiern? Also das was direkt am Kopf anliegt? Waren die auch aus Leinen?
 
Ich möchte mal anmerken das die Schlauchschleiet nicht wirklich belegt sind für den klerikale Bereich.....sondern man könnte diverse Abb. so deuten....... Ich fürchte fast das es sich in den allermeisten Fällen eher um gewickelt Wimpel handelt........ Ich habe einen aus Leinen.....mit nem Keil zur Erweiterung unten......also eine andere Variante als Gerda. ....ich stelle abends mal ein Bild ein......
 
in meinen Fotos z.b. im Profilbild sehr ihr die gewickelt Variante. ..... Mara, hast du nicht auch so einen "Schlauch"?
 
Ja, aber auch wie Du keinen Beleg dafür. Nur meiner ist weder aus Wolle noch aus Leinen.... :whistling: Wie die Wimpel drunter beschaffen waren, dazu habe ich in den Schriftquellen nichts gefunden. Es ging immer nur um das Zeichen der Professnonne, und das ist der schwarze Schleier, im besagten Schriftverkehr halt aus Leinen. Kuckt mal, ich habe hier dazu schon mal was gepostet: Leinen schwarz färben
 
....schaffe es heute nicht....das Bild wird morgen nachgereicht. ...
 
hmmmm hat jemand den ffc kitguide zur hand? Da is ja auch ein schlauchschleier drin. Is da vielleicht ne Quelle oder irgendwas angegeben? Ich mein ffc hat sich ja auch das große "A" auf die Fahne geschrieben.... :whistling:
 
...hab nur den FFC Grundlagen-Kitguide Version 1.0 vom Februar 2011 (=Quelle) zur Hand. Darin wird als Quelle für den Schlauchschleier das Essener Svanhild-Evangeliar 1070/1080 genannt. ( vgl. FFC Kitguide s.o., Seite 13)
 
So. ..hier mal meine "Schlauch"-Variante. ...... (Interpretation aus Leinen nach diversen Bildbelegen aus dem klerikalen Bereich ) In meinem Profil sieht man wie schon gesagt auch die belegbare gewickelte Variante.20160407_195717.png20160407_195807.png20160407_195907.png
 

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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich hab ein einfaches Leinen-Kopftuch als Unterbau, der "Schlauch" ist einfach übergestülpt. Ich habs noch nicht mit den beiden Schleiern obendrauf getestet..... Für den einfachen Beginenschleier dürfte es eine nette Variante sein, auf jeden Fall trägt es sich im Sommer sicher sehr viel angenehmer als die sehr fest gewickelte Variante.
 
Was mich etwas stört, ist die Aussage in dem Wikipediaartikel "Der Musselin wird seit dem 17. Jahrhundert gefertigt[...]": Unter dem Namen vielleicht, aber ein ähnliches Material gab es vorher noch gar nicht?
Das ist wikipedia-Quatsch. " ...of the early Islamic centuries. ... The irrigated Tigris-Euphrates valley was a prime area of cotton cultivation which supported several large manufactoring centers including the cities of Mosul (which gave its name to the cotton stuff known as muslin), ..." Mazzaoui: The Italian cotton industry in the later Middle Ages 1100 - 1600, Cambridge University Press, 1981
Ja, aber auch wie Du keinen Beleg dafür. Nur meiner ist weder aus Wolle noch aus Leinen....
Das ist mit Sicherheit auch korrekt. Für den von Gerda gewählten Zeitraum war Baumwolle zur in Italien hergestellten Massenware geworden, welche nachweislich in heute unvorstellbaren Mengen auch über die Alpen exportiert wurde. Und sie war erschwinglich, nicht nur "für die Reichen". Auch das geht aus o.g. Buch hervor.
1. War es zu der Zeit möglich so dünn zu weben?
Damals wurde Zeug gewebt daß wir uns heute gar keinen Begriff mehr von machen können. Sowohl in der Islamischen Welt, deren Produkte massenhaft importiert wurden als auch in Italien usw. die das knowhow von den Muslimen übernommen haben. Es gab auch doppellagig gewebte Baumwollgewebe (schwerer Canvas, z.B. für Zelte), und Gewebemischungen Baumwolle-Seide, Baumwolle-Wolle und das ach so beliebte Baumwolle-Leinen - auch bekannt als Halbleinen oder Barchent, welches keineswegs eine Erfindung der südddeutschen Weber war. Und natürlich gab es alle diese Produkte auch gefärbt. Deshalb zitiere ich (zwar in anderem, nämlich diesen Zusammenhang) mal Mara: "Mädels, seid mutig" Natürlich kann man obengenanntes (ketzerisches) auch ignorieren oder verneinen - in dem Fall: willkommen im Grobmittelalter! Baumwollene Grüße Wilfried Tennemousselin
 
Wenn du uns für deine Ausführung noch den einen oder anderen Beleg liefern kannst, fällt dir die Mehrzahl der Darstellerinnen sicher um den Hals. Und das meine ich ohne Ketzerei völlig ernst. Die Belegfrage ist in dieser Hinsicht doch eher dünn (bis dato).
 
Tatsächlich lese ich diese Einschätzung zur Verbreitung von Baumwolle nicht zum ersten Mal; ich werde mich da mal einlesen. Mir ging es aber vorrangig um die Frage, ob Woll-Etamine/Mousselin/wie immer wir das Zeug nennen wollen, für Kopfbedeckungen verwendet wurde oder hätte verwendet worden sein können*. Und wenn ja für welchen Stand. *ich glaube, ich habe noch nie so viele (Hilfs-)Verben hintereinander verwendet :thumbsup:
 
noch den einen oder anderen Beleg liefern kannst
Für einen ersten Einstieg empfehle ich das hier: http://www.lse.ac.uk/economicHistory/Research/GEHN/HELSINKIMazzaoui.pdf Ist zwar englisch, aber kein Problem. Im Prinzip eine Zusammenfassung des in Beitrag 54 genannten Buches. Um die komplette Größenordnung zum Thema "Baumwolle im Hochmittelalter" zu erfassen, gehören eigentlich noch Informationen zum mediterranen Seehandel, europäischen Handel (speziell über die Alpen), Bevölkerungsentwicklung, Herstellung und Handel von Leinen und Wolle als Vergleichswerte und einiges andere dazu. Alles andere, um zum Schlauchschleier zurückzukommen - also welches Material für welches Kleidungs- oder Ausrüstungsstück - ist reine Interpretation. Da auf Bilderhandschriften usw. nicht erkennbar ist, aus welchem Material die Gugel, Cotte, Bruche etc. hergestellt ist, gibt es viel Spielraum. Und auch im Mittelalter kannten die Menschen die Eigenschaften der Stoffe und verwendeten sie entsprechend. Z.B. nahmen Sadomasochisten kratzige Wolle für ihre Bruchen... ;) Also im Ernst: Mädels , seid mutig! (Mara) Oder wie ich gerne sage: Mut zur Lücke!
 
Mir ging es aber vorrangig um die Frage, ob Woll-Etamine/Mousselin/wie immer wir das Zeug nennen wollen, für Kopfbedeckungen verwendet wurde oder hätte verwendet worden sein können*. Und wenn ja für welchen Stand.
Die Frage ist erstmal wo Frau von Stand (welcher auch immer) das Zeug herbekam. Da das Zeug nicht von jeder Frau in Heimarbeit gesponnen und verwebt wurde, kaufte die Magd Gerda es vermutlich auf dem Markt oder von ziehenden Händlern. Auf dem Markt zog sie von Stand zu Stand und prüfte die Angebote. Alles war Naturtuche, denn Polyester gab es nachweisbar noch nicht. Je nach dem Inhalt ihres Sparstrumpfes konnte Gerda sich das eine oder andere leisten, und für einen Schlauchschleier nebst Wimpel konnte sie sogar ein Reststück im Preis runterhandeln. Der Händler Guglielmo aus Bozen hatte was passendes, aber er war es noch nicht losgeworden (es war ein für hiesige Verhältnisse neuartiges Gewebe, und was der Bauer nicht kennt...), und es drängte ihn zur Rückkehr nach Hause, weg aus dem brandenburgischen - so daß Gerda einen wunderschönen Stoff namens muslin erstand, der sich gut anfühlte, nicht knitterte oder kratzte und sehr fein gewebt war. Daraus nähte Gerda ihren Schleier, machte ein Digitalfoto, postete es auf www.mittelalterforum.com und erntete viel Bewunderung ob ihres Mutes zur Fortschrittlichkeit.
 

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